Über Selbsthass und Body Neutralität


Ich bin kein disziplinierter Mensch. alles, was einer Wiederholung bedarf, verläuft schnell im Sand alter Gewohnheiten. Die einzige Disziplin, die mir von klein auf rigoros eingeimpft wurde, ist die mich falsch zu fühlen. Meinen Körper, meine unebene Haut, meine schiefen Zähne. Ich bin ein wandelndes Mängelexemplar. Soweit der gesellschaftliche Blick. Ich habe viele Jahre damit verbracht mich zu beobachten, zu verorten und zu katalogisieren. Habe versucht mir begreiflich zu machen, was so unliebsam an einem Körper ist, der mir das Leben schenkt. Heute weiß ich, es ist das eine, wie ich mich bewege, welche Anforderungen ich an mein Erscheinungsbild stelle und dass es nur für mich und niemand anderen stimmig sein muss. Ich weiß, wie es sich anfühlt geliebt zu werden und dass die arme lang genug sind sich um meinen Körper zu schlingen. Zu manchen Zeiten geht das nicht gut mit ausgewogener Ernährung, regelmäßiger Bewegung und genügend Wasser. In manchen Wochen ist es Fast Food und Club Mate und die kleinen Runden um den Park mit meinem Hund.


Foto: Madeleine Alizadeh

Foto: Madeleine Alizadeh

Ich bin kein disziplinierter Mensch. Mir fehlt es an Biss und Durchhaltevermögen und dem Ehrgeiz etwas durchzuziehen. Zu was für einem Menschen macht mich das? Einem, der sein Leben anders bestreitet. Ich bin eine Frau geworden, die trotzdem viele Erfolge erleben durfte und diese Erfolge mündeten aus der Liebe, meiner Leidenschaft für etwas oder dem Interesse an der Sache.

Vielleicht werde ich nie einem Ideal entsprechen, doch werde einen Raum betreten und trotzdem der schönste Mensch sein. Weil ich leuchte, weil meine Beschaffenheit mehr ist, als die Summe aller Kleidergrößen, die sich in meinen Kleiderschrank sortieren.

Ich werde mich disqualfizieren in der Disziplin mich zu zerreißen für Oberschenkel und Oberarme und Belly Rolls. Ich werde Gute Nacht sagen und Guten Morgen und mit Lippen küssen, die nichts ungesagt lassen. Ich nehme viel Platz ein, weil ich ein großer Mensch bin, weil mein Herz und meine Gedanken und meine Ideen viel Fläche und Raum brauchen. Hier, in dem Leben, das mich zuerst gelehrt hat mich nicht anzusehen sondern immer zuerst den Ekel hinzu zu ziehen. hier, in dem Körper, der mich trägt und beschreibt.